Die Thomas-Cook-Pleite: Antworten auf Fragen zur Insolvenzsicherung und zum Sicherungsschein

Was ist die sog. Insolvenzsicherung?

Im Falle einer Zahlungsunfähigkeit des Veranstalters hat die gesetzliche Regelung die sog. Insolvenzsicherung als Absicherungssystem geschaffen.

Der Reiseveranstalter muss dafür Sorge tragen, dass Reisende ihren im Voraus gezahlten Reisepreis zurückerhalten, wenn durch seine Zahlungsunfähigkeit Reiseleistungen ausfallen oder der Reisende den Zahlungsaufforderungen von Leistungserbringern wegen erbrachter Leistungen nachkommen muss, weil der Veranstalter deren Forderungen infolge Zahlungsunfähigkeit nicht erfüllt hat. Im Rahmen der Thomas Cook Insolvenz haben Reisende berichtet, z. B. im Hotel festgehalten worden zu sein, solange das Hotel keine Zahlungen durch den Reisveranstalter oder den Reisenden selbst erhalten hat.

Umfasst die Pauschalreise die An- und Abreise und die Beherbergung in einem Hotel, so muss der Veranstalter auch gewährleisten, dass die Beherbergung bis zum Rückbeförderungszeitpunkt sichergestellt ist.

Der Veranstalter kann seiner Pflicht zur Insolvenzsicherung dadurch nachkommen, dass er eine Versicherung abschließt oder ein Zahlungsversprechen eines Kreditinstituts eingeholt hat. Der Sicherungsvertrag wird zwar zwischen dem Veranstalter und dem Insolvenzversicherer bzw. dem Kreditinstitut abgeschlossen. Es ist jedoch der Reisende, der Inhaber der abgesicherten Ansprüche ist und daher seine Forderungen im Falle einer Insolvenz des Reiseveranstalters gegenüber dem jeweiligen Insolvenzversicherer bzw. dem Kreditinstitut einfordern kann.

 

Wo finde ich den Insolvenzversicherer?

Der Veranstalter ist vor Abschluss des Pauschalreisevertrags verpflichtet, über das Bestehen eines Insolvenzschutzes aufzuklären und die Daten des Insolvenzversicherers mittels Formblatts mitzuteilen. Die Kontaktdaten müssen in der Vertragsbestätigung oder Vertragskopie enthalten sein. Auch muss der Veranstalter dem Vertragspartner den Sicherungsschein zur Verfügung stellen. Aus dem Sicherungsschein muss sich das Bestehen des Anspruchs gegenüber dem konkreten Insolvenzversicherer ergeben. Der Veranstalter darf Zahlungen auf den Reisepreis nur dann fordern bzw. annehmen, wenn ein wirksamer Sicherungsvertrag mit dem Insolvenzversicherer besteht. Zudem muss er dem Reisenden in klarer, verständlicher und in hervorgehobener Weise den Namen und die Kontaktdaten des Insolvenzversicherers nennen.

 

Habe ich Insolvenzschutz im Falle einer Reisevermittlung?

Der Reisevermittler ist verpflichtet, den Reisenden vor Vertragsschluss über die Insolvenzsicherung des Reiseveranstalters aufzuklären, wenn dies nicht durch den Veranstalter erfolgt ist.

Übermittelt der Reisevermittler dem Reisenden eine Vertragsbestätigung oder Vertragskopie, so darf davon ausgegangen werden, dass er vom Veranstalter zur Annahme von Zahlungen auf den Reisepreis ermächtigt wurde. Dies hat zur Folge, dass der Reisende seiner Zahlungspflicht vollständig nachgekommen ist, selbst dann, wenn der Reisvermittler den Reisepreis nicht an den Veranstalter weiterleitet oder insolvent wird.

Dies gilt jedoch nicht, wenn die Vertragsbestätigung oder Vertragskopie einen deutlichen Hinweis darauf enthält, dass der Reisvermittler nicht berechtigt ist, Zahlungen auf den Reisepreis anzunehmen.

 

Wirkt es sich aus, dass der Reisveranstalter seinen Sitz außerhalb Deutschlands hat?

Hat der Veranstalter seinen Sitz außerhalb Deutschlands, ist unklar, ob das deutsche Pauschalreiserecht und welcher Gerichtsstand gilt. Sowohl die Rechtswahl als auch den Gerichtsstand kann der Veranstalter mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen regeln, sofern diese wirksam in den Pauschalreisevertrag inkorporiert wurden.

Hinsichtlich der Gerichtsstandsvereinbarung gilt Folgendes: Der Veranstalter darf zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Zuständigkeit deutscher Gerichte am Wohnsitz des Reisenden nicht ausschließen. Hierfür müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

– Pauschalreisevertrag wurde als Verbraucher abgeschlossen

– der Verbraucher hat seinen Wohnsitz in Deutschland

– der Veranstalter übt in Deutschland eine gewerbliche Tätigkeit aus (z. B. Verkauf von Pauschalreisen über eine deutsche Zweigniederlassung; Ausrichtung der gewerblichen Tätigkeit in anderer Weise auf Deutschland).

Ein abweichender Gerichtsstand kann erst nach Entstehung des Streits mit dem Veranstalter vereinbart werden.

Hinsichtlich der Rechtswahl gilt Folgendes: Der Veranstalter darf zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen regeln, dass der Pauschalreisevertrag dem Recht des Landes unterliegt, in welchem er seinen Sitz hat. Bei Verbraucherverträgen darf eine Rechtswahl aber nicht dazu führen, dass es zum Entzug des Schutzes kommt, der dem Verbraucher nach den zwingenden Bestimmungen des Staates, in welchem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (z. B. Deutschland), gewährt wird. Der Veranstalter muss dies in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen offenlegen, wenn seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinsichtlich der Rechtswahl als wirksam erachtet werden sollen. Hierüber muss er den Verbraucher unterrichten und darf nicht den Eindruck erwecken, dass allein das Recht gilt, das er in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen voraussetzt.

 

Bin ich bei Pauschalreiseverträgen mit nichtdeutschen Reiseveranstaltern im Falle einer Insolvenz geschützt?

Da das Pauschalreiserecht auf der Richtlinie (EU) 2015/2302 beruht und diese in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union umgesetzt werden müssen, gelten in der EU einheitliche Standards beim Pauschalreiserecht.

 

Wer haftet bei Insolvenz, wenn ich die Pauschalreise bei einem ausländischen Veranstalter über einen deutschen Vermittler gebucht habe?

Wenn der Reiseveranstalter seinen Sitz nicht innerhalb der Europäischen Union hat, haftet der Reisevermittler selbst wie ein Veranstalter, wenn er nicht nachweisen kann, dass der ausländische Reiseveranstalter seinen Verpflichtungen zur Mängelgewährleistung, zum Beistand bei Schwierigkeiten der Reisenden oder zur Insolvenzabsicherung nachkommt, § 651v Absatz 3 BGB.

 

Wann liegt eine Vermittlung verbundener Reiseleistungen vor?

Eine Vermittlung von verbundenen Reiselistungen (und nicht eine Pauschalreise) liegt vor, wenn zwar mindestens zwei verschiedene Reiseleistungen für den Zweck einer Reise kombiniert werden, aber es an deren Zusammenfassung zu einer Gesamtheit mangelt, § 651w BGB.

Bei der Vermittlung verbundener Reiseleistungen kommen Verträge mit unterschiedlichen Leistungserbringern zustande. Der Reisende muss sich bei Reisemängeln oder sonstigen Problemen an den jeweiligen Leistungserbringer wenden.

Der Vermittler verbundener Reiseleistungen ist verpflichtet, den Reisenden darüber zu informieren, dass er sich nicht auf die in der Richtlinie (EU) 2015/2302 (Pauschalreise) geltenden Reiserechte nicht berufen kann. Der Vermittler muss sich in bestimmten Fällen für den Fall seiner Insolvenz absichern (Insolvenzsicherung) und den Reisenden über seine Insolvenzsicherung aufklären.

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